15. Wilhelm Tell.
55
Als Rudolf von Habsburg auf den Thron gekommen war, hatte er den Schweizern ihr Recht besttigt. Anders wurde es, als Rudolfs Sohn Albrecht, den der Vater schon zum Herzog von sterreich erhoben hatte, zum Könige (1298) gewhlt wurde. Anfnglich hatte man in Deutschland von dem harten, lndergierigen Fürsten nicht viel wissen wollen, und deshalb ihn nach Rudolfs Tode nicht zum Nachfolger ge-whlt. Aber nach der kurzen Regierung Adolfs von Nassau hatte Albrecht doch seine Wahl durchzusetzen verstanden.
Er ging nun darauf aus, seine Besitzungen in der Schweiz dadurch zu-Fzw vergrern, da er die Lande um den Vierwaldsttter See, Uri, Schwyz, Unterwalden und Luzern, sich untertnig machen wollte. Nicht mit den Rechten war er zufrieden, die er als deutscher König der sie hatte, sie sollten ihm ebenso gehorchen, wie die Bewohner von sterreich ihm als ihrem Herzoge gehorchten. Es war aber ein Mibrauch seiner kaiserlichen Gewalt,
da er diese Lande, die zum Reiche gehrten, zu habsburgischem Haus-besitz machen wollte. Es gelang ihm zunchst nur, die Brger von Luzern zur Unterwerfung zu bringen. Die Bauern der drei anderen Waldsttte mochten ihre alte Freiheit nicht preisgeben. Ergrimmt versuchte nun Albrecht, sie dadurch zu zwingen, da er Landvgte als Richter wie es ihm als König zustand in ihr Gebiet schickte. Aber nicht als gerechte Richter sollten diese walten, sondern das Volk bedrcken und qulen. Er hoffte, sie wrden durch die im Namen des Knigs ausgebten Gewaltttigkeiten verzagt gemacht werden und sich nach einem Schutze umsehen. Diesen gedachte er als Herzog von sterreich ihnen zu bieten. Er wollte ihnen ihren bisherigen Zustaud verleiden und zeigen, da sie unter habs-burgischer Herrschaft viel glcklicher sein wrden. Falls sich die Schweizer aber gegen die Vgte auflehnten, dann glaubte er als Kaiser einen Grund zu haben, sie als Reichsverrter zu bekriegen und so schlielich doch sie unter seinen Willen zu beugen.
Zu Vgten hatte er Geaer von Bruneck und Geringer von Landen- ^Lmber** berg ernannt, zwei herrische und gewissenlose Männer, die sich mit Sldnern 2anbti0ste-umgaben, Burgen erbauten und schon bei geringen Veranlassungen schwere Strafen verhngten. Gerade die angesehensten Männer suchten sie zu verderben. Einst ritt Geler vor dem neu erbauten Hause Werner Stauf-fachers, eines begterten Landmannes im Kanton Schwyz, vorber. Hoch-mutig fragte er nach dem Besitzer und rief diesem drohend zu: Ich will nicht, da der Bauer Huser baue auf seine eigene Hand und also frei
Hinleb', als ob er Herr wr' in dem Lande:
Ich wcrd' mich untersteh, euch das zu wehren."
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Rudolf_von_Habsburg Rudolf Rudolfs Albrecht Albrecht Rudolfs Adolfs_von_Nassau Adolfs Albrecht Albrecht Albrecht Albrecht Werner_Stauf-fachers
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rudolfs Schwyz Unterwalden Luzern Luzern Bruneck Schwyz
56
Ii. Lebensbilder aus der Deutschen Geschichte.
Landenberg lie in Unterwalden wegen einer geringfgigen Ursache einem Bauern Heinrich von der Halden (nach seinem Wohnsitz Melchtal" genannt) die beiden besten Ochsen vom Pfluge wegnehmen und ihm sagen, wenn die Bauern Brot haben wollten, sollten sie sich selbst vor den Pflug spannen. Der heftige Sohn Heinrichs, namens Arnold, wollte sich dies nicht gefallen lassen, er schlug den Knecht des Vogtes mit dem Stocke so stark, da er ihm einen Finger zerbrach. Deshalb mute er fliehen, wollte er nicht fr immer eingekerkert werden. Der Vogt war wtend, da ihm der Schuldige entgangen war; er lie den greisen Vater holen, befragte ihn nach dem Aufenthaltsorte des Sohnes, und trotzdem dieser der Wahrheit gem versicherte, -er wisse nichts von Arnold, lie er ihm beide Augen ausstechen..^
^Gertrud^ Nnn war die Geduld der Schweizer erschpft. Eine Frau, die
Stauffacher. @Qttin Stauffachers, Gertrud, die im Hause ihres Vaters, des weisen Jberg, den Gesprchen der Männer der die Geschichte, die Rechte, die Angelegenheiten des Landes gelauscht hatte, war es, die zuerst ihrem Manne gegenber den Gedanken aussprach, da sich die drei noch freien Waldsttte zur Abschttelung des unertrglichen Joches verbinden mten.
So Khnes hatte Stauffacher kaum zu denken gewagt. Ihm graute bei der Vorstellung, da des Kaisers berlegene Heerscharen brennend und mordend in die friedlichen Tler eindringen und unsagbares Elend die unausbleibliche Folge des khnen Unterfangens sein wrde.
Aber auch diese Bedenken schreckten die tapfere Gertrud nicht. Ihr seid auch Männer, wisset eure Axt zu führen!" entgegnete sie dem be-dchtigen Gatten. Auch die Schweizerin zieht den Tod der Schande vor, und teurer als Haus und Hof ist uns die Freiheit!" Da zaudert Stauffacher nicht lnger, er begibt sich nach Uri, wo ihm in Altorf ein lterer, durch Besonnenheit und Vaterlandsliebe ausgezeichneter Freund lebte, Walter Fürst.
Ust Unvermutet traf er dort auch Arnold Melchtal, der hier eine sichere Zufluchtssttte gefunden hatte. Die drei Männer. Vertreter der drei Waldsttte, beschlossen: mit je zehn Gefhrten auf einer verborgenen Wald-wiese in der Nhe des Sees, dem Rtli". bei Nachtzeit zusammenzu-kommen und der die Befreiung des Landes zu beraten. In einer Novembernacht (1307) fand die Zusammenkunft statt; als diese 33 herzhaften Männer, durch die Gefahr der Zeit zu der innigsten Freundschaft vereint, beieinander waren, frchteten sie sich nicht vor König Albrecht und nicht vor sterreichs Macht. Sie streckten die Hnde zum Himmel und schwuren:
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand]]
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Extrahierte Personennamen: Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Arnold Arnold Gertrud Gertrud Walter_Fürst Arnold_Melchtal Albrecht
58
Ii. Lebensbilder aus der Deutschen Geschichte.
liefern, wenn er nicht gehorche. Nach hartem Seelenkampf ergriff Tell, weil er keinen anderen Ausweg sah, die Armbrust und legte auf das ge-liebte Haupt an. Und siehe da: der mutige Knabe hatte im Vertrauen auf die sichere Hand des Vaters nicht gezittert, und den Tell hatte seine Kunst im entscheidenden Augenblick nicht im Stiche gelassen; er hatte sein und des Sohnes Leben durch den glcklichen Schu gerettet.
Aber der argwhnische Landvogt hatte beobachtet, wie Tell zwei Pfeile seinem Kcher entnommen hatte. Er fragte, fr wen das zweite Gescho bestimmt gewesen wre. Als Tell gegen seine Gewohnheit mit der Sprache nicht heraus wollte, sicherte er ihm feierlich das Leben zu, wie auch immer der Bescheid lautete. Nun brach der lange verhaltene Groll aus dem Herzen des gemarterten Vaters heraus: Herr Landvogt, mit diesem zweiten Pfeile durchscho ich Euch, wenn ich mein liebes Kind getroffen htte. Und Euer wahrlich hntt7 ich nicht gefehlt!"
^fangenge-^' Dieses Gestndnis hatte Geler ja hervorsocken wollen, um Tell mttommi bd) noch verderben zu knnen. Wohl, Tell, das Leben habe ich dir ^La!dvgt^zugesichert," rief er aus, aber in ewiger Gefangenschaft will ich dich halten, um mich vor dir zu schtzen!" Die Knechte sollten ihn fassen und biuden. Die groe Aufregung, in die das Volk bei diesem Gewalt-streich des Landvogtes geriet, lie befrchten, da schon jetzt ein unvor-bereiteter Aufstand ausbreche^ mchte. Doch gelang es den Fhrern, die Meuge zurckzuhalten/So konnte Tell von den Schergen Gelers ans ein Schiff gebracht werden, das ihn der den Vierwaldsttter See nach der festen Burg Knacht berfhren sollte. Der Landvogt wollte ihn persnlich in Gewahrsam bringen. Aber unterwegs entstand ein furcht-barer Sturm, der alle zu vernichten drohte. In dieser Not gab Geler zu, da Tell, der fr den tchtigsten Steuermann galt, von seinen Fesseln befreit werde, das Steuer ergreife und die Rettung versuche. Bis zu einem Felsvorsprnnge lenkte Tell das Fahrzeug, dann griff er schnell nach seiner Armbrust und gewann mit einem khnen Sprunge das Land; das Schiff aber mit dem Landvogt stie er in die tobenden Fluten zurck. Bald darauf lie der Sturm nach; Geler entging dem drohenden Ver-derben. Nunmehr war Tell seines Lebens nicht mehr sicher; da stellte er sich in einem Hohlwege bei Knacht, durch den der Landvogt reiten mute, auf und scho Geler vom Pferde herunter. So befreite er das Volk von seinem gefhrlichsten Feinde.
Befre?ungder Diese Tat strkte den Mut der Verschworenen. Am Neujahrstage Schweiz. 1308 begegneten Laudenberg, als er seine Burg Sarnen verlassen hatte, um die Kirche zu besuchen, zwanzig Landleute, die nach alter Sitte Klber, Lmmer und Ziegen zum Geschenk brachten; nichts ahnend gestattete er
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15. Wilhelm Tell.
57
Wir wollen sein ein einig Volk von Brdern,
In keiner Not uns trennen und Gefahr.
Wir wollen frei sein, wie die Vter waren,
Eher den Tod, als in der Knechtschaft leben.
Wir wollen trnen auf den hchsten Gott
Und uns nicht frchten vor der Macht der Menschen."
Doch nur Unrecht wollten sie von sich abwehren, keine neuen Rechte in Anspruch nehmen und Blutvergieen, wenn mglich, vermeiden. Am Neujahrstage wollte man sich, ohne Verdacht zu erregen, in grerer Zahl auf den Burgen einfinden; da sollte die Vertreibung der Vgte versucht werden. Gleich als ob Gefer geahnt htte, wie das Volk dachte, beschlo er, den Gehorsam ans seltsam bermtige Weise zu prfen. Auf dem Marktplatz in Altorf errichtete er eine Stange, befestigte an ihr einen Hut und gebot, jeder Vorbergehende solle dies Zeichen der landesherr-b e^u* liehen Gewalt gren wie den Landvogt selbst. Er stellte Wachen auf,
welche die Ungehorsamen zu verhaften hatten.
In Brgten, nahe bei Altorf, lebte ein khner Schtze, Wilhelm Tell, der Schwiegersohn Walter Frsts. Er war der khnste Gemsen-jger, der beste Armbrustschtze und der gewandteste Schiffer in allen drei Waldsttten. An Gefahren hatte er seine Lust; Tatkraft und Geistesgegenwart verlieen ihn nie. Er war dem Landvogt Geler wohl bekannt; auf einem schmalen Wege, wo ein Ausweichen unmglich war, hatten sie sich einmal getroffen. Tell htte Geler leicht in den Abgrund stoen knnen, und der Landvogt war vor Schrecken bleich geworden; denn er hatte Tell gegenber, den er einmal eines geringen Vergehens wegen sehr hart gestraft, ein bses Gewissen. Aber Tell hatte den Wehrlosen geschont. Dank sollte er dafr nicht ernten.
Eines Tages ging Tell mit seinem Sohne Walter an dem aufgestellten Sefrd)^fe1' Hute vorber. Als der Sohn ihn auf den Hut aufmerksam machte,
meinte er noch: Was kmmert uns der Hut, komm, la uns gehen!"
Er wurde von Gelers Sldnern ergriffen und vor den Landvogt ge-bracht, der gerade mit groem Gefolge von der Jagd kam. Obgleich Tell wegen seines Vergehens um Verzeihung bat, verurteilte ihn Geler mit teuflischem Hohne dazu, von dem Haupte des eigenen Kindes einen Apfel zu schieen; fehle er beim ersten Schu, so msse er sterben. Tell bat um Gottes willen, ihn nicht zu einer so unnatrlichen Tat zu zwingen. Vergebens, da auch die Ritter in Gelers Umgebung fr ihn baten, da Walter Fürst, der hinzugekommen war, dem Landvogt Hab und Gnt zur Shne bot; Geler drohte, ihn und das Kind dem Tode zu der-
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm Wilhelm_Tell Wilhelm Walter_Frsts Geler Gelers_Sldnern Walter_Fürst
130
Jerusalem zu entreißen. Peter, von vielen Mühseligkeiten ge-
härtet, im Greisenalrer, mit gerunzeltem Gesichte, hager, mit
langem Barte, in Lumpen eingehüllt, ritt auf einem abgezehr-
ten Esel daher, mit einem Kruzifix in der Hand, und hielt
feurige Reden. So zog er durch Italien und Frankreich und
wiederholte bald mit andächtiger, bald mit feuriger Rede seine
Aufforderung zu einem Zuge gegen die grausamen Türken. Er
predigte in Kirchen, auf den Märkten, auf Kreuzwegen, und
flößte durch seine feurige Beredtsamkeit allgemeine Bewunderung
und Ehrfurcht ein. Jedermann sah Zeichen am Himmel als
Aufforderung der Gottheit. Sterne, erzählte man, fielen gleich
Schneeflocken vom Himmel auf die Erde. Eine ansteckende
Krankheit, die damals herrschte, hielt man für eine Strafe des
langen Zögerns; man nannte diese Krankheit das heilige Feuer
(heiliges Ding). Der Papst Urban berief eine Versammlung
zu Piacenza (1095) und Clermont, weihete die Theilnehmer zu
einem Zuge gegen die Ungläubigen ein und heftete seinem Le-
gaten ein rothes Kreuz auf die Schulter, was alle Theilnehmer
auch an sich thaten, und sich daher Kreuzfahrer nannten. Im
Frühjahr 1096 machten sich 150,000 Mann, theils unbewaff-
net, theils unbekleidet auf den Weg; sie kamen nach Asien,
sahen aber das heilige Grab nicht. Sie ermordeten sich theils
selbst, und Peter kam mix 3090 Mann nach Konstantinopel
zurück. 40,000 Mann, die sich in Deutschland zusammenge-
rottet hatten, erreichten nicht einmal Asien. Endlich machte
sich Gottfried von Bouillon mit einem großen Heere auf.
1097 hielt er über dasselbe in Asien eine Musterung und zählte
300,000 auserlesene Streiter, ohne die vielen Tausenden der
Weiber, Kinder, Knechte und Mönche. 1099, den 15ten Juli,
eroberten sie Jerusalem. Aber welch ein Jerusalem! Auf den
Straßen floß das Blut in Strömen, und überall lagen Todte,
seufzten Verwundete. — Gottfried wurde nun einstimmig zum
König von Jerusalem ernannt. Diese Aufopferungen erfreuten
die Christen nur kurze Zeit. denn schon 1187 kam Jerusalem
wieder unter die Türken, und die später unternommenen Kreuz-
züge konnten den Christen die Stadt nicht wieder in ihre Ge-
walt bringen. Diese Züge nach dem heiligen Grabe raubten
Europa an 7 Millionen Menschen. Dennoch waren auch sie
von sehr wichtigen Folgen, indem der Handel zwischen Asien
und Europa durch sie aufblühete, und sich dadurch der Wohl-
stand verbreitete. Denn die Kreuzfahrer wurden viel auf Schiffen
nach Asien befördert, und die 'n Asten an den Küsten wohnenden
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Extrahierte Personennamen: Peter Urban Peter Gottfried_von_Bouillon Gottfried
Extrahierte Ortsnamen: Italien Frankreich Piacenza Clermont Asien Konstantinopel Deutschland Asien Asien Jerusalem Jerusalem Europa Asien Europa Asien
107
9. Mit Dank erinnern wir uns hier des frommen An;
schars, der besonders Ln unserm Lande sich um die Verbreitung
des Christenthums große Verdienste erworben hat und mir Recht
der Apostel des Nordens heißt. Anschar war 801 in Frank-
reich geboren und im Kloster bei Corvey für das Mönchsleben
erzogen. In seinem löten Zahre wurde er Mönch, und 823
zog ec ins Kloster Corvey an der Weser, um Lehrer an der
Schule desselben zu sein; 826 reifete er mit dem Dänenkönig
Harald Klak, der sich bei Mainz hatte taufen lassen, nach Dä-
nemark und nahm zu Haddebye an der Schlei seinen Wohnsitz.
Hier errichtete er eine Pfianzschule für künftige Missionaire
und ließ zuerst Sklaven dazu loskaufen. Nach einiger Zeit er-
hielt er auch einen Ruf als Missionair nach Schweden. An-
schar reifete mit Einigen Gehülfen dahin ab und erreichte unter
vielen Mühseligkeiten und Entbehrungen endlich den Ort seiner
Bestimmung. Auch in Schweden segnete Gott des frommen
Mannes Wirken. Viele Schweden wurden für das Christen-
thum gewonnen, und der Gouverneur von Sigtuna ließ in
Schweden die erste Christenkicche erbauen. 831 wurde Anschac
zum Erzbischof von Hamburg ernannt. Die erste Taufkirche in
unsern Gegenden ist zu Meldorf gewesen, und etwas später'
werden Kirchen erwähnt zu Schenefeldt, Heiligenstcdten und
andern Orten. Von Hamburg aus wirkte Anschar mit unet-
müdeter Thätigkeit für das Reich Gottes. Allein ein nordjüt-
scher König eroberte Hamburg, und Anschar mußte Rettung suchen
durch die Flucht, bis er nach Wiederherstellung des Friedens nicht
allein sein Erzbischofthum wiedor erhielt, sondern auch Erzbischof
von Bremen ward. Er starb 865. Als er fühlte, daß sein
Ende herannahte, genoß er noch das heilige Abendmahl, betete
für seine Beleidiger und sprach: „Herr, gedenke meiner nach
deiner Barmherzigkeit und sei mir Sünder gnädig; in deine
Hände befehle ich meinen Geist."
10. Zm Zahr 1094 kehrte ein gewisser Peter von Amiens
von einer Wallfahrt aus Palästina zurück und verkündigte, daß
Jerusalem und das heilige Grab in die Gewalt roher Muha-
medaner gekommen wären. Durch den Papst Urban Ii. ange-
feuert, reifete Peter zu den abendländischen Fürsten und beredete
sie zu einem Heereszuge nach Palästina gegen die Ungläubi-
gen. Peter, barfuß, mit entblößtem Kopfe und auf einem
Esel reitend, mit einem Cruzifix in der Hand, predigte auf
Kreuzwegen, auf den Märkten und an den Thoren der Städte
und forderte Alles zu einem Zuge auf gegen die Ungläubigen.
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Extrahierte Personennamen: Apostel Harald_Klak Sigtuna Peter_von_Amiens Urban Peter Peter
108
Der Papst berief eine Versammlung zu Piacenza in Italien
und Clermont in Frankreich. Auch hier predigte Peter so ein-
dringlich von einem Zuge, daß die ganze Versammlung wie aus
Einem Munde ausrief: „Gott will es? Gott will es!" Alle
knieeten nieder. Der Papst ertheilte Allen seinen Segen und
Ablaß aller ihrer Sünden und heftete einem Bischof, den er
zum päpstlichen Gesandten auf diesem Zuge ernannte, ein rothes
Kreuz auf die Schulter, welches Alle, die am Zuge Theil neh-
men wollten, nachmachten. Daher wurden diese Theilnehmer
Kreuzfahrer genannt, und ihre Züge hießen Kreuzzüge. Diese
Kreuzzüge, deren im Ganzen7 gewesen sind und die an 200 Zahre
dauerten, entzogen Europa an 7 Millionen Menschen. Dennoch
waren die Christen nur auf kurze Zeit im Besitz des heiligen
Grabes. Die Folgen, welche aus den Vermungen der Men-
schen hervorgingen, waren dennoch von großer Wichtigkeit Der
Handel und Verkehr mit andern Völkern wurde durch die Kreuz-
züge befördert, die Weltkunde erweitert, die Wissenschaften wur-
den erhellt und die schönen Künste bekannt. Auch das Christen-
thum breitete sich weiter aus, besonders nach Pommern, Finn-
land, Liefland, Preußen und selbst nach Amerika.
11. Mehre edeldenkende Christen erfüllten des Papstes
Anmaßungen, die eingerissenen Mißbräuche, der überhandneh-
mende Aberglaube mit gerechtem Unwillen. Schon im 8ten
Jahrhundert begaben sich einige in die Thaler von Savoyen
in Oberitalien und wurden Vallenser, d. h. Thalbewohner, ge-
nannt. Peter Wald, ein Kaufmann aus Frankreich, ließ sich die
Bibel ins Französische übersetzen und lehrte und handelte kühn
gegen die Befehle des Papstes (1170). Da er aber verfolgt
wurde, flüchtete er mit seinen Anhängern, die Waldenser hießen,
ebenfalls in jene Thaler, und nun wurden Vallcnser und Wal-
denser mit einander vereint. Aehnliche Grundsätze hegte Johann
Wiklef, Lehrer zu Oxford in England. Er übersetzte die Bibel,
verwarf den Ablaß und mit demselben andere Irrthümer der
katholischen Kirche (1380). — 'Auch Johann Huß, Lehrer und
Prediger in Prag, arbeitete dem Sittenverderbnisse entgegen,
predigte gegen den Ablaß und anders Mißbrauche und ward
deswegen auf eine Kirchenversammlung zu Costnitz am Boden-
see 1414 beschieden. Huß erschien mit einem sichern Geleirs-
brief vom Kaiser. Allein es hieß: „Einem Ketzer dürfte man
nicht Glauben halten." Huß mußte ins Gefängniß wandern
und nach einem Jahr, als er seine Lehre nicht widerrufen wollte,
den Scheiterhaufen besteigen. Ein gleiches Schicksal ward ein
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Extrahierte Personennamen: Peter_so Peter_Wald Johann
Wiklef Johann Johann_Huß Johann
Extrahierte Ortsnamen: Piacenza Italien Clermont Frankreich Europa Pommern Amerika Oberitalien Frankreich England Prag
Vi. Ztr. Karl V. bis zum westph. Fried. 1520 — 1648. 17
te noch lebendig die Begeisterung für des Vaterlandes Frei-
heit und Ehre; und da Deutschland in Rom laut verachtet
wurde, so war schon dieses Grund genug, den Adel sogleich
auf die Seite desjenigen zu ziehen, welcher die Macht des
römischen Stuhles angriff. Aber es hatte auch die neu
auflebendc Wissenschaft viel Zugang unter dem besseren
Theile des Adels gefunden; seit das Schießpulver dem Rit-
terthum tiefe Wunden geschlagen hatte, waren die Waffen
nicht mehr die einzige Beschäftigung des Adels geblieben.
Die größere Aufklärung des Geistes machte ihn empfäng-
lich für neue, kühne Gedanken. Und endlich hatte Luther
ganz besonders in einer merkwürdigen Schrift: „An den
Adel deutscher Nation," diesen angeredet und für seine Sa-
che aufgerufen. Am eifrigsten zeigte sich für ihn Ulrich
von Hutten, ein geborner Volksführer, wie die Zeiten
der Umwälzungen sie hervorbringen, kühn und scharf mit
dem Schwerdt und der Feder, Krieger und Gelehrter, wi-
tzig und von hinreißender Beredsamkeit, und immer zu dem
Gefährlichsten bereit. Einst hatte er vier Franzosen, die
von dem Kaiser Maximilian unehrerbietig sprachen, für deut-
sche Rittcrehre zugleich zum Zweikampfe gefordert und sie alle
besiegt; und gleicherweise war seine Feder, wenn er siege-
gen die Mönche, die Religionsmißbräuche, die Gegner der
alten Sprachen und der Aufklärung, oder auch gegen Tür-
ken und Franzosen kehrte, schneidend wie sein Schwerdt.
Bei der allgemeinen Kenntniß der lateinischen Sprache war
ein Spottgedicht von Hutten bald in allen Hauptstädten
Enropa's verbreitet. Dieser feurige Mann trat gleich auf
Luthers Seite, vielleicht weniger aus Religionseifer, als
weil sein Unternehmen kühn und gefahrvoll war; er schrieb
und redete für ihn, und hätte gern auch sein Schwerdt für
ihn gezogen.
Ein eben so wichtiger Mann aus oem Adel, und Luthers
Freund, war Franz von Sickingen, ein tapferer,
ehrgeiziger Ritter in Franken, von so außerordentlichen
Eigenschaften, daß ihn manche damahls der Kaiserkrone
würdig hielten. Er bot Luthern eine Zuflucht auf seiner
Burg und allen Schutz durch seine und seiner Freunde Waf-
fen an, wenn er verfolgt würde. Dieser lehnte es aber
ab, und als Sickingen, der nicht ruhen konnte, und viel-,
leicht größere Absichten des Ehrgeizes im Sinne trug, 1522
eine Fehde gegen den Erzbischof Richard von Trier erhob,
widerrieth es ihm Luther ernstlich. Seine Unternehmung
war eine von den letzten Erscheinungen des Faustrechts in
Deutschland; — ein einzelner Ritter, mit seinen Freunden,
wirbt ein Heer von 12,000 Mann, wagt es, gegen die
Kohlr. D. G. rv Thl. Ju Auf!. 2
TM Hauptwörter (50): [T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg]]
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Extrahierte Personennamen: Karl_V. Karl_V. Ulrich
von_Hutten Schwerdt Maximilian Maximilian Schwerdt Franz_von_Sickingen Franz Richard_von_Trier
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Rom Luthers Luthers Deutschland
so Vf, Ztr. Karl V. bis zum westph. Fried. 1520—1643.
nun selbst nicht leugnen mögen, daß sie viel Glauben haben,
so könne, der Gott der Wahrheit nicht bei ihnen scyn."
Man hat sich oft gewundert, warum die protestantische
Lehre sich nicht schnell über ganz Deutschland verbreitet ba-
de, bei der günstigen Stimmung des Volkes, und der Ge-
walt, die eine neue Richtung über ein ganzes Zeitalter zu
üben pflegt. — Das Räthset löst sich größtentheils aus der
baldigen inneren Entartung des Protestantismus selbst.
Wie mvgte eine Lehre, welche so schnell in geistloses Wort-
gezänk überging, und deren Bekenner einander verfluchten,
nun noch die Herzen der Menschen Zu gewinnen? An vie-
len Orten sah man vielmehr Beispiele, wie manche, die
vorher schon sich zu ihr gewendet, nun wieder zu der alten
Kirche übertraten.
Ein anderer, starker Damm, welcher sich von setzt an
dem Strome entgcgenstellte, war der neuentstandene Je-
suiter-O rd en, gestiftet im Jahr 1540 von dem Spanier
Ignaz Loyola, einem sehr eifrigen und weitschauenden
Manne. Dieser Orden, recht eigentlich als Stütze des
päpstlichen Stuhles errichtet, verbreitete sich bald durch
alle Länder. Seine Verfassung war auf Einheit und kräf-
tiges Zusammenwirken berechnet und strenger Gehorsam
war sein Gesetz.' Das Oberhaupt des Ordens lebte in Rom,
an ihn gelangten mit großer Pünktlichkeit die Berichte der
Vorsteher aus den Provinzen, welche wiederum viele Stu-
fen bis zu dem letzten Gliede unter sich hatten. So konnte
die ganze Brüderschaft von einem Geiste regiert werden.
Die Oberen prüften ein jedes Glied genau und lange nach
seineu Fähigkeiten, um es an den Platz zu stellen, wo es
den Absichten des Ordens am förderlichsten scyn konnte.
Ein feines, kluges Gewebe, welches sich schnell über alle
Länder Europa's legte. Als Loyola 1540 die Bestätigung
des Papstes erhielt, hatte er zehn Schüler. Im Jahre
1608 zahlte man über 10,000 Jesuiten und 1700 nahe an
20,000. Indem die Glieder des Ordens von den geistlichen
Geschäften anderer Orden, sogar von allen kirchlichen Aem-
tern ausgeschlossen wurden, war ihnen alle Zeit zu den
Wissenschaften gespart, und so geschah es, daß sie balveine
große Zahl trefflicher Lehrer und Schriftsteller, ausgezeich-
neter Kanzelredner, begeisterter Missionäre und Gelehrte
in allen Wissenschaften aufstellten. Sie waren es, die mit
Wort und Schrift den Protestanten als Vertheidiger des
katholischen Systems entgegentreten, btc in kirchlicher Be-
redsamkeit mit ihnen .wetteifern konnten. Ihr ganzes Stre-
den richtete sich gegen die neue Lehre; als Beichtväter und
Erzieher der Fürsten wie des Volkes wirkten sie ihr entge-
TM Hauptwörter (50): [T27: [Kirche Luther Lehre Kloster Jahr Bischof Schrift Papst Reformation Wittenberg], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T69: [Kirche Kloster Stadt Schule Bischof Gemeinde Orden Land Priester geistliche], T98: [Volk Land König Krieg Zeit Feind Mann Macht Freiheit Kaiser], T25: [Wissenschaft Kunst Zeit Sprache Geschichte Schrift Buch Werk Jahrhundert Erfindung], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel]]
TM Hauptwörter (200): [T148: [Kirche Macht Staat Deutschland Kampf Frankreich Reich Reformation Zeit Gewalt], T58: [Kirche Lehre Luther Schrift Bibel Gott Christus Bischof Papst Wort], T127: [Volk Sprache Land Zeit Sitte Kultur Bildung Geschichte Bewohner Stamm], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T4: [Orden Ritter Peter Kreuzzug Land Jahr Jerusalem Johanniter Arnold Frankreich]]
Von Hmtien
f 02
Anmerk. 2, Der pstreichifche Landvoigt Geister wolte
den Wilhelm Tell deswegen zur Strafe ziehen, daß erdem
von ihm zu Altdorf aufgesteckten Huthe keine Ehrende,
zeigung erweisen wolte. Dies war die Gelegenheit, dafi
izo8 und r;i5 unter Anführung des Werner von Stauf,
fach aus Schweiz, Walther Fürst aus Uri und Arnold von
Melchthal aus Unterwalden der Grund zur Eidgenossen-
schaft zu Brunnen gelcget wurde. An dem Orte, wo
Teil durch die Flucht der Strafe entkommen,- ist auf
einer Klippe eine Kapelle erbauet, so den Namen Wil-
helm Tellr Kapelle führet.
8.
Die Xii freyen Reichsörter, so unter der Schutzge-
rechtigkeit des einen und andern Kantons sichen, für sich
aber ihre eigene Verfassung haben, als:
I. ) Brug.
Ii. ) Araü.
Hi.) Lenzburg.
Iv. ) Zoffingen, im nördlichen
Theile des Kanton Bern.
V. ) Sempach und
Vi. ) Surfee, beyde im Kanton
Lucern.
Vii. ) Stein am Rhein.
Viii. ) Winterthur.
Ix. ) Rappersweil, in Zürch.
X. ) Diessenhofen, in Thurgau
über den Kanton Zürch.
Xi. ) Die Abre^ Engelberg, in
Unterwalden.
Xii. ) Der Flecken Gerfau, am
vier waldstädter See.
Anmerk. Die 8 ersten Städte stellen unter dem Schutze
der Kantone, darin sie liegen. Rappersweil hat den
Schutz von Zürch, Bern und Glacis. Diessenhofen wird
von Schafhausen nebst Zürch; Engelberg und Gersau aber
von den vier Waldstädten beschützt.
C.
Die Unterthanen von Xix Landvoigteyen und
Ii Städten, fo entweder die mehresten oder einige wenige
Kantons gemeinschaftlich als Oberherrm besitzen, und gelb
illuminirt sind, als:
I.) Die Xix Landvoigteyen.
Gegen Osten:
r.) Die Landgrafschaft Thur-
ññu, wo Frauenfeld, Bischof-
zell und Arbon.
2.) Rheinthal, wo
a) im obern, Altstädt.
b) 2m nnttrn, Rheinek.
;.) Sargans, eine ehemalige
Grafschaft, wo Sargans und
Pfeffersbad.
4. ) Uznach.
5. ) Gaster und Gams.
Gegen Micrernachr:
6. ) Die ehemalige Grafschaft
Baden, »0 Baden, dem Bi-
schof
TM Hauptwörter (50): [T44: [Alpen See Stadt Schweiz Italien Meer Berg Insel Fuß Inn]]
TM Hauptwörter (100): [T58: [Kloster Jahr Mönch Kirche Schweiz Bischof Abt Zürich Bonifatius Bern]]
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Extrahierte Personennamen: Wilhelm_Tell Wilhelm Werner_von_Stauf Walther Arnold_von
Melchthal Engelberg